Wanderung über die Müggelberge
Von Friedrichhagen nach Wendenschloß
Wenn wir mit der S-Bahn aus Berlin angekommen sind, verlassen wir den S-Bahnhof Friedrichshagen in Fahrtrichtung nach rechts. Dann kommen wir auf die ebenso belebte wie beliebte Bölschestraße. Sie ist eine der schönsten Einkaufs- und Flaniermeile in Köpenick mit vielen Restaurants und Cafés. Der Ortsname, das Denkmal auf dem Marktplatz und einige erhaltene kleine Kolonistenhäuser – vieles weist in Friedrichshagen auf die Gründung der „Spinnerkolonie“ durch Preußenkönig Friedrich II. im Jahr 1753 hin. Denn vor allem Baumwollspinner aus Böhmen und Schlesien wurden hier angesiedelt. Sie betrieben nebenbei noch Besenbinderei. Ein Architekturmix von über 200 Jahren macht den Charme der Bölschestraße aus – halb Dorf, halb Stadt. Neben einem breit gefächertem Angebot von Geschäften und Läden laden auch Gaststätten zum Verweilen ein. Eine bemerkenswerte Adresse ist die Dresdner Feinbäckerei. Verkaufsraum und Café sind im Jugendstil gestaltet und wurden in den vergangenen Jahren aufwendig restauriert.
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Berliner Bürgerbräu
Am Ende der Bölschestraße biegen wir erst nach links auf den Mügelseedamm und sogleich wieder nach rechts in die Josef-Nawrocki-Straße ab. Auf der rechten Seite erhebt sich das 1927 fertiggestellte Gebäude der Berliner Bürgerbräu, das direkt am Ufer der Müggelspree erbaut wurde. Die Brauerei gilt als die älteste erhaltene der Stadt. Gegründet wurde Sie einst als Gasthausbrauerei und entwickelte sich schließlich zu einem Großproduzenten, der Anfang der 1930er-Jahre mit 300.000 Hektoliter pro Jahr den größten Ausstoß erreichte.
Zum „Volkseigenen Betrieb Berliner Bürgerbräu“ wurde die Brauerei in der DDR. Neben der Bundesrepublik wurde das Bier auch in die USA und bis nach Japan verkauft. 1990 privatisiert, fuhren die neuen Besitzer die Produktion in Friedrichshagen immer weiter herunter, bis 2010 schließlich die Brauerei schloss. Jetzt sollen auf dem Gelände Wohnungen entstehen.
Von der Josef-Nawrocki-Straße führt der Weg durch den Müggelpark zum Spreetunnel. Das 1928 eröffnete, 120 Meter lange Bauwerk verbindet 8 Meter unter der Spree Friedrichshagen mit der Kämmereiheide. Auf der anderen Seite stand eins das Restaurant Müggelschlösschen. An das beliebte Gartenlokal mit 5.000 Plätzen auf den Terrassen an Spree und Müggelsee erinnern nur noch ein paar Stufen im Waldboden, denn es brannte kurz nach dem 2. Weltkrieg ab.
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Am Müggelsee
Wir wenden uns nun dem Ufer des Müggelsees zu. Durch das Schilf ist immer wieder ein Blick auf die 4,7 Quadratkilometer umfassende Wasserfläche von Berlins größtem See möglich. Nach knapp drei Kilometern erreichen wir den Biergarten der Gaststätte Rübezahl. Neben einem erweitertem Imbissangebot und Getränken bietet sich hier auch ein herrlicher Blick auf den Müggelsee. Fischgerichte gibt es von April bis Oktober in der Fischerhütte. Achtung: Während des Corona-Lockdowns bietet das Ausflugslokal an den Wochenenden ein Außer-Haus-Verkauf ab 10 Uhr.
Nun biegen wir im rechten Winkel vom Uferweg ab, laufen die Zufahrtsstraße, die zum Restaurant führt, in entgegengesetzter Richtung und überqueren den Müggelheimer Damm. Dann geht es hinein in den Forst, wo wir nach wenigen Hundert Metern das Naturschutzgebiet Teufelssee erreichen. Der nur drei Meter tiefe See ist der kleinste in diesem Gebiet. Er entstand in der Eiszeit und gehört zu dem daneben liegenden Hochmoor. Holzstege führen über das sumpfige Gelände und ermöglichen einen Rundgang um den See. Im Lehrkabinett Teufelssee gibt es spielerische Information zu Flora und Fauna nicht nur für Kinder.
Von nun an geht bergauf. Über 111 Stufen erreichen wir schließlich den Vorplatz des Müggelturms.
Wäschereibesitzer Carl Spindler ließ um 1880 auf dem kleinen Müggelberg einen zehn Meter hohen hölzernen Aussichtsturm errichten. Wegen der geringen Größe konnte man aber nicht weit in die Ferne schauen. Deshalb wurde der Turm 1889 auf 27 Metern erhöht. Von der Aussichtsplattform hatten die Besucher einen Panoramablick bis zu 50 Kilometer über die Wald- und Seenlandschaft der Region bis hin zur Stadtsilhouette von Berlin.
Nach dem Krieg wurde wieder eine Gaststätte für Besucher eingerichtet und 1953 übernahm die HO Köpenick den Betrieb des Müggelturmareals. Am Nachmittag des 19. Mai 1958 brannte der Turm durch Schweißarbeiten vollständig ab. Doch bereit zu Silvester 1961 konnte der neue Müggelturm eröffnet werden. Er entstand nach Entwürfen von Studenten der Kunsthochschule Weißensee. Der 29,61 Meter hohe Turm hat neun Geschosse mit Panoramafenstern und eine Plattform, die über 126 Stufen erreichbar ist. Seit rund zehn Jahren werden der Turm und die Gaststätte umfassend saniert. Aufgrund der aktuellen Corona-Hygienebestimmungen des Landes Berlin sind die Gastronomie und die Aussichtsplattform zurzeit geschlossen. Der Müggelturm steht auf dem 88 Meter hohen Kleinen Müggelberg. Mit 115 Metern ist der rund 800 Meter entfernte Große Müggelberg die höchste natürliche Erhebung Berlins.
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An der Dahme entlang
Über weitere rund 250 Stufen geht es auf der anderen Seite nun wieder hinunter, dieses Mal zum Ufer Dahme. An deren Ufer wenden wir uns nach rechts und erreichen nach einer Viertelstunde die Gaststätte Schmetterlingshorst, die coronabedingt ebenfalls geschlossen hat. Nach einer weiteren Viertelstunde kommen wir am Strandbad Wendenschloß vorbei. Auch hier hofft man, im Frühling, nach dem Ende des Lockdowns, den Biergarten wieder öffnen zu können. Wenig später erreichen wir den Ortsteil Wendenschloß mit einer am Wasser gelegenen Grünanlage, die einen schönen Blick auf die Dahme und die darauf befindliche Regattastrecke bietet. Hier wurden viele internationale Wettbewerbe im Rudern, unter anderem auch während der Olympischen Spiele 1936 sowie Segelregatten ausgetragen. Am Ende den Möllhausenufers biegen wir rechts in die Wendenschloßstraße ein, auf der wir nach vierhundert Metern die Haltestelle der Straßenbahnlinie 62 erreichen.
Fotos: Dagmar Schwalle (4), Michael Diehl (1), Peer Hauschild (2), historisch (1)